Geschäftiges Leben nach dem Lockdown

Geschäftiges Leben nach dem Lockdown

Welche Folgen hat die Corona-Krise für Start-ups? Wie greifen die Hilfsmassnahmen, und wie geht es weiter? Diese Fragen beschäftigen auch den Verband der Schweizer Technologieparks und Gründerzentren. Swissparks.ch-Mitglieder aus allen Landesteilen – u.a. der Business Parc – berichteten am online-Workshop vom 20. August von ihren Erfahrungen und Erkenntnissen im Umgang mit der Pandemie.

Natürlich rief die Corona-Krise bei den meisten Unternehmen geschäftliche Verzögerungen und Verunsicherung hervor. Es sei jedoch wieder weitgehend Normalität eingekehrt», betonte Alcide Barberis vom Centro Promozione Start-Up, Lugano. (Das Ausmass der Betroffenheit hängt natürlich vom Bereich ab. So ist beispielsweise die Event-Branche besonders stark in Mitleidenschaft gezogen.) «Auf jeden Fall tragen die staatlichen und kantonalen Massnahmen wie Kurzarbeit und garantierte Darlehen sowie Überbrückungskredite bei den Start-ups zur Beruhigung bei, ergänzte Jean-Philippe Lallement, Managing Director, EPFL Innovation Park, Lausanne.

Krisenberatung sehr gefragt
Vor allem der von den Gründerzentren und -Parks prompte Support und das spezifische Coaching in der Corona-«Hochphase» (von März bis Mai) sei von den betroffenen Unternehmen sehr gesucht und geschätzt worden. «Neben intensiver virtueller Beratung haben wir regelmässig Online-Trainings und -Meetings veranstaltet», so James Miners, Senior Business Berater bei der Fondation Genevoise pour l’Innovation Technologique Fongit. Die Start-ups seien besonders dankbar für praktische Ratschläge, um die Situation und Möglichkeiten z.B. betr. Kurzarbeit richtig zu managen. In den letzten Monaten hätten die Kunden weniger Gründungsberatung gesucht als vielmehr Unterstützung bei der Kapitalbeschaffung, was nach Miners Einschätzung auch weiterhin gefragt sein wird.

Der Kanton Baselstadt hat zusammen mit BaselArea Business & Innovation eine Webinar-Serie zu rechtlichen und finanziellen Aspekten (mit mittlerweile 100 Besuchern) eingeführt und der Technologiepark einen wöchentlichen Covid-19-Newsletter lanciert, schilderte Karin Sartorius von der Standortförderung im Wirtschafts-Departement BS die Aktivitäten der Institutionen dort. Zum Angebot des Baselbieter Business Parc gehörten Ermässigungen bei den Mitgliederbeiträgen, ein Vademecum zu den finanziellen Hilfsmassnahmen, Tagestipps u.a.m.

Effektive staatliche Soforthilfe
Die staatlichen Covid-Soforthilfe-Programme beurteilten die Referenten als effizient und effektiv. (Der Kanton Baselstadt hat zudem eine 17-Millionen-Rettungspaket bei Mietzinsen für Geschäfte erlassen.) Auch die Romandie ist sehr aktiv. Laut Lallement hat der Kanton Waadt mit der «Innovaud and Fondation for Technology and Innovation» schweizweit mit am meisten Überbrückungskredite für Start-ups gesprochen. (Die Gründung neuer technologisch orientierter Firmen gehe praktisch ungebremst weiter, ebenso wie die Seed-Finanzierung kaum von der Pandemie tangiert sei.)

Die Vergabe von staatlich garantierten Darlehen für Start-ups verlief zwar ebenfalls schnell, erweist sich aber in der Praxis als eher kompliziert/komplex und verlaufe nicht in allen Kantonen gleich wirkungsvoll. Zudem konnten einige Unternehmen, da bereits der Gründungsphase entwachsen, nicht gleichermassen von solchen Finanzspritzen/Kompensationsgeldern profitieren.

gerliches Fundraising
«Fundraising-Aktivitäten halten zwar an, doch grössere Runden zur Kapitalbeschaffung wurden verschoben», erklärte Lallement. Unter dieser Situation müssten eigentlich Start-ups aus dem Life Science-Bereich besonders leiden. (Dieser Bereich macht immerhin 40 Prozent der Schweizer Exporte aus. Trotz der Pandemie habe die Finanzierung von Biotech-Firmen im 2. Quartal noch erstaunlich gut funktioniert, erklärte Michael Altorfer, CEO beim Swiss Biotech-Verband. U.a. berichtete er von einem erfolgreichen IPO an der New York Stock Exchange. In dieser Zeit seien (nicht zuletzt auch im Wettlauf um einen wirksamen Covid-Impfstoff) einige Partnerschaften mit Pharma-Unternehmen entstanden.

Allerdings gab es überall Verzögerungen: angefangen bei R&D-Projekten über klinische Versuche bis hin zur externen Produktion. Die dermassen veränderten Rahmenbedingungen zwingen rund die Hälfte der Biotech-Firmen nun dazu, ihre Finanzreserven bis Ende 2020 zusammenzuhalten/aufzustocken und gleichzeitig die Kosten wie Investitionen in die Entwicklung neuer Produkte zu senken, was wiederum die Innovationskraft der Branche schwäche. Rund 15 Prozent der Unternehmen würden laut Altorfer leider in finanziellen Schwierigkeiten stecken.

Finanzierungs-Programme verlängern
«Wie es wirklich um die Finanzlage der Start-ups und Unternehmen steht, wird sich voraussichtlich erst Ende dieses bzw. Anfang nächstes Jahr zeigen», meinte Altorfer. Bis dann müssten die Programme, die meist im 3. Quartal 20 enden, verlängert und auch die Banken stärker in die Pflicht genommen werden. Hier würden viele Firmen mit der Kontaktaufnahme zögern und könnte ein unabhängiges Gremium (wie in Baselstadt/-land der Fall) den Kreditvergabeprozess verbessern, ergänzte Dolf van Loon, Managing Director bei der Gründerorganisation «grow» im Zürcher Wädenswil.

Um die Folgen der Corona-Krise für die Unternehmen besser abschätzen zu können, ist laut Lallement ein zeitnahes Monitoring erforderlich. Infolge der Pandemie sind bisher über 10 Firmen aus dem EPFL Innovation Parkausgezogen oder haben ihre Fläche verkleinert. (Labore und andere Einrichtungen blieben dort während zwei Monaten geschlossen. Viele Start-ups sind inzwischen wieder an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt.) Der Lausanner Innovationspark selbst rechnet mit einer Einbusse von 3 Prozent seiner Einnahmen.

Parks bauen weiter aus
Nichtsdestotrotz haben Fullservice-Anbieter wie EPFL und Fongit wie auch der Business Parc die Corona-Zeit nicht nur genutzt, um ihre Räumlichkeiten Covid-gerecht einzurichten bzw. Personal und Mieter sicherheitstechnisch anzuleiten, sondern auch um ihre Ausbaupläne (an den Gebäuden) weiter voranzutreiben. Denn gerade in diesen Zeiten reisst der Betreuungsbedarf von (angehenden) Start-ups nicht ab. So berichtet Geschäftsführer Melchior Buchs von laufenden Neuzugängen auch bei den eingemieteten Mitgliedern im Business Parc Reinach.

Rene Hausammann, Präsident Swissparks.ch, bedankte sich bei den Workshop-Teilnehmern für den anregenden Austausch, die konstruktiven Diskussionen und wertvollen Impulse und plädierte für einen verstärkten Austausch von Erfahrungen und «Best practice» unter den Technologieparks und Gründerzentren.

Bericht und Fotos: Kathrin Cuomo-Sachsse, Kommunikation Business Parc
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